Ganz so unheilvoll, wie ihr Bandname klingt, ist der verlangsamte Rock von DEATH BY GONG auf ihrer ersten Platte “Descalator” dann doch nicht. Eher entschleunigend, wuchtig, aber gleichzeitig auch herrlich beruhigend, wirken die verzerrten Gitarren und der teilweise stoische Sound, den die drei Musiker Jobst M. Feit (RADARE), Peter Voigtmann (SHRVL / ex-THE OCEAN) und Chris Breuer (ZAHN, HEADS.) aufgenommen haben.
Im Prinzip ist es auch wirklich die vorhersehbare Mixtur ihrer bisherigen musikalischen Referenzen, zusammengeschmolzen und in eine neue Form gegossen. Genauso herrlich in aller Ruhe Schichten aufstapelnd wie der Opener “Troy Toy” mit seinen scharfen Synthie-Spitzen im Finale, wirkt das komplette Album. Es geht unermüdlich nach vorne, aber eben im eigenen Tempo, und die Eskalation wird uns erst bewusst, wenn wir bereits mittendrin stehen und um uns herum schon alles knallt, blitzt und in alle Ecken zerfließt.
Noiserock trifft auf cineastische und dramatische Klänge
“Noiserock” werfen DEATH BY GONG selbst als Genre in den Hut. Das mag für “Descalator” rein faktisch zutreffen, bemüht man sich um eine eher emotionale Bezeichnung, dann hat die Musik etwas Unermessliches, bricht häufig cineastisch durch die Decke und ist in vielen Momenten dramatisch. Sänger Jobst M. Feit steuert beharrlich, beinahe stoisch dagegen, drückt mit seiner gleichermaßen melancholischen und hoffnungsvollen Stimme gegen die vermeintlich näherkommenden Groove-Wagenräder, die alles gelassen niederwalzen.
Häufig klingt die Band wie Genre X, überführt in ein vollkommen anderes. “Heavy Air” folgt dem traditionellen Grunge-Schema, verhält sich aber wie ein stampfender Noise-Brecher mit verlangsamtem Post-Punk als Stilmittel und verirrten, durch den Raum schwirrenden Shoegaze-Fetzen. Erfunden haben DEATH BY GONG dieses Vorgehen wahrlich nicht, aber aktuell fallen mir wenige Bands ein, die diese Art von Musik spielen.
DEATH BY GONG spielen auf Zeit und Spannung
DEATH BY GONG spielen in “Descalator” häufig auf Zeit, anders funktioniert dieser Sound auch nicht. Die Musik kann nur entrückt wirken, wenn sie sich langsam ausbreiten darf, was wiederum nichts über das grundsätzliche Tempo aussagt, sondern lediglich auf den Spannungsbogen bezogen ist. Ob “Angel Cake” jetzt wirklich fast neuneinhalb Minuten beanspruchen muss, erklärt sich eigentlich am besten über Kopfhörer und sicherlich auch, wenn man die Band live spielen hört. Spoiler: Ja, muss. Die fragilen Klangwelten leben vom Hall und von den kaum wahrnehmbaren Nuancen, man vergisst häufig, dass DEATH BY GONG als Trio unterwegs sind.
“Everything Is Given” fällt dann aus dem Rahmen: Sowas wie gute Laune scheint sich breitzumachen, und die Band macht einerseits klar, dass sie durchaus auch im Hit-Format funktionieren, aber dann eben auch ganz anders klingen. Letztendlich macht es die Mischung – selbst in diesem viereinhalb Minuten langen Song erzählen DEATH BY GONG einfach mehrere Soundgeschichten parallel und nutzen die Zeit multitaskend. Bemerkenswert ist auch der Song “Negativity”, denn hier scheint die Dunkelheit tatsächlich die Überhand zu gewinnen, das bildliche Songwriting von DEATH BY GONG vermittelt uns die absolute Niedergeschlagenheit.
DEATH BY GONG erzählen gleich mehrere Soundgeschichten gleichzeitig
Die Musik gräbt sich langsam, aber sicher dahin, wo man tatsächlich etwas fühlt. Selbst wenn der Gesang immer präsent ist, sind es doch eher das Fechten und Aufeinanderprallen der Instrumente, die die Höhepunkte markieren. Aufgenommen wurde die Platte von Drummer Peter Voigtmann in Die Mühle in Gyhum – immer eine gute Sache, wenn man die Kunst so bannen kann, wie man sie gehört wissen möchte. “Descalator” von DEATH BY GONG ist wirklich erschütternd im besten Sinne, hört mal rein.